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Workshop am 10. September 2002

Noch einmal Canossa

 

Unser Septemberstammtisch diente der Einstimmung auf die Herbstfahrt nach Canossa. Unser Schatzmeister Herr Feichtner hat sich für seine Salier vorbereitet.

Er wollte uns nicht unwissend und schutzlos die Alpen überqueren lassen. Die Redewendung: "Der Gang nach Canossa...",ist für die meisten von uns ein fester Begriff. Er beschreibt den Zustand eines Bußgang einer Demütigung.

Aber Hand aufs Herz!!! Wer von den Anwesenden hätte gewusst, woher dieser Ausspruch kommt. Wer hat ihn das erste mal geprägt oder erfunden? Ich wusste es nicht. Herr Feichtner hat nachgeforscht und wurde fündig! Es war unser ehemaliger Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck. Bei einer Reichstagssitzung 1872 brillierte er mit dieser Redewendung. "Nach Canossa gehen wir nicht." Er wollte keinen solchen Gang gehen.(Ursache dieser Verstimmung war die Besetzung der kaiserlichen Gesandtschaft beim Hl. Stuhl.)

925 Jahre nach dem historischen Gang Kaiser Heinrich IV. sind wir dem Wunsch einiger Mitglieder nachgekommen und unternehmen unseren Gang nach Canossa.

Herr Feichtner machte uns zuerst einmal bewusst, wie gut wir es doch haben. Keinen anstrengenden Ritt zu Pferd über die Alpen, kein Eis und Schnee im September, wie im Januar l077. Dazu würden wir auch noch bequem von der Firma Deutsch von Ort zu Ort gefahren werden. Auch wäre unsere Route viel kürzer als damals Kaiser Heinrichs Weg über Besancon, Genf, den Mont - Cenis, Turin, Pavia bis Reggio. Wir müssten nur durch die Schweiz fahren.

Wir hätten auch nur ein paar läppische Fränkli als Mautgebühr zu entrichten.

Der Kaiser dagegen musste seiner geschäftstüchtigen Schwiegermutter, Adelheid von Turin, eine ganze Abtei am Genfer See abtreten, um ihr Gebiet passieren zu dürfen. Als Gegenleistung verpflichtete er sie aber dazu sich bei den bevorstehenden Verhandlungen mit Papst Gregor VII. für die Sache des Kaisers einzusetzen.

Herr Feichtner meinte dass er die ganze Breite der Geschichte dieser Auseinandersetzung zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. nicht darstellen müsse, dies setzte er als bekannt voraus. Nur so viel, für einige Tage wurde die Burg Canossa zum politischen Mittelpunkt der damaligen christlichen Welt.

Aber wer war eigentlich diese Mathilde von Tuscien, die Herrin von Canossa? In Italien sind die Menschen sehr stolz auf ihre Marktgräfin. Herr Feichtner hat uns die Geschichte ihrer Familie erläutert.

Adelheid, die junge Witwe Königs Lothars, wurde 951 von Marktgraf Berengar II. gefangen gesetzt. Er wollte auf diese Weise die Witwe zur Ehe mit ihm zwingen. Aber das störrische Frauenzimmer entzog sich ihm durch Flucht. Adelheid wandte sich an den Bischof Adelhard von Reggio um Hilfe. Dieser schaltete seine Vasallen den Urgroßvater von Mathilde, Atto I. von Canossa ein. Er gewährte der königlichen Witwe Schutz und Hilfe und vermittelte die Ehe mit Kaiser Otto dem Großen, die noch im gleichen Jahr 951 in Pavia geschlossen wurde.

Fortan war Atto einer der treuesten Vasallen des Kaisers. Sein Sohn Tedald und sein Enkel Bonifaz setzten die kluge Politik Attos fort und erweiterten ihr Herrschaftsgebiet um Modena und Mantua. Bei dem Tode von Kaiser Heinrich II. ergriff Bonifaz sofort die Partei des Saliers Konrad II., was dann zu einer engen Gefolgschaft zum Kaiserhaus führte. Als Heinrich III. der Sohn des Kaisers im Jahre 1036 Gunhild ehelichte, war Bonifaz in Nimwegen zugegen. Hier lernte er Beatrix von Lothringen, eine Nichte von Kaiserin Gisela, seine Spätere Frau, kennen. Bonifaz begleitete Kaiser Konrad II. bei seinen Italienzügen. Er war an seiner Seite bei den Kämpfen um die Städte Mailand, Verona und Parma. Jetzt erreichte der Besitz derer von Canossa seine größte Ausdehnung, von Rom bis zum Gardasee und von Küste zu Küste. Nach dem Tod seiner ersten Frau Richilde heiratete Bonifaz im Jahre 1037 Beatrix von Bar. Jetzt haben wir die Eltern von Mathilde. Die Hochzeit soll 3 Monate gedauert haben. (Arme Windsors.) Der Bräutigam war 50 Jahre und die Braut zwischen 20 und 30 Jahren. (Na, ja !) Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, Beatrix, und Friedrich, die sehr früh starben, und eben Mathilde. In späteren Jahren kühlte das gute Verhältnis zum Kaiserhaus merklich ab. Bei einem Jagdausflug am 6. Mai 1052 fand Bonifaz den Tod, wahrscheinlich durch Mord.

Mathildes Mutter heiratete 1054, ohne die Erlaubnis des Kaisers einzuholen, ihren Verwandten Gottfried den Bärtigen. Das war ein Affront. Immerhin war Beatrix, eine Nichte der Kaiserin Gisela.

Gottfried von Lothringen, war eine undurchschaubare Persönlichkeit, machtbesessen, intrigant und stets zur Rebellion gegen den Kaiser bereit. Bereits bei der Hochzeit von Beatrix und Gottfried wurden die Kinder der Brautleute, nämlich Mathilde von Tuscien und Gottfrieds Sohn, Gottfried der Bucklige, zur späteren Ehe versprochen. Kurz vor Gottfrieds Tod 1069 kam diese Ehe dann zustande, wenn auch zögerlich von Mathildes Seite. Aus der Verbindung ging ein Mädchen hervor, welches aber sehr früh verstarb. Mathilde floh förmlich vor ihrem Mann und kehrte nach Italien zurück. Da selbst der Papst keine Versöhnung zwischen den Eheleuten erreicht , entwickelten sich auch die Interessen der Beiden auseinander. Gottfried wurde Parteigänger von Heinrich IV. und Mathilde blieb ihr ganzes Leben lang, der Kirche und der Sache des Papstes treu.

Im Februar 1076 wurde Gottfried der Bucklige in Antwerpen auf schauerlichste Weise ermordet. im April des gleichen Jahres starb auch Beatrixi, Mathildes Mutter. Mathilde war einzige Erbin eines riesigen italienischen und lothringischen Besitzes geworden und außerdem zum erstenmal frei. Jetzt konnte sie über sich selbst bestimmen.

Richtig bekannt wurde ihre wichtige Stellung innerhalb der Christenheit schon im Januar 1077 als sie im Streit zwischen den beiden mächtigsten Gestalten Europas, ihrem Vetter, dem deutschen Kaiser Heinrich IV. und Ihrem persönlichen Freund, Papst Gregor VII., die Vermittlerrolle übernahm. Die nächsten Jahrezehnte waren geprägt durch die Dauerauseinandersetzungen mit Kaiser Heinrich IV. Als 1084 Papst Gregor VII., ihr langjähriger Vertrauter und Freund, gestorben war, benötigte Mathilde Schutz. Den hoffte sie in einer neuen Ehe zu finden. Sie heiratete 1089 den 25 Jahre jüngeren Graf Welf V. Die Ehe hatte keinen Bestand aber ständige Streitereien und Kriege mit dem deutschen Kaiser gab es trotzdem. Erst mit dem Tod des Kaisers im Jahre 1106 in Lüttich änderte sich die Situation. Der Sohn des Kaisers, König Heinrich V., versöhnte sich mit ihr, als er zur Krönung 1111 nach Rom reiste.

Am 24. Juli 1115 starb Mathilde in Bondeno.

Mathilde, die große Gräfin, wie sie überall in Italien genannt wird, war größte Grundherrin der italienischen Halbinsel, Herrscherin über Tuszien und Teile der Lombardei, berühmte Jägerin und Reiterin, kluge Diplomatin. Schlugen Verhandlungen fehl, so zog sie an der Spitze ihres Heeres in die Schlacht. Sie war Gründerin der Rechtsschule in Bologna, Richterin an eigenen Gerichtshöfen außerdem großzügige Stifterin von Kirchen, Klöstern und Spitälern, Unterstützerin des Papstes.

Auf Canossa hat uns Herr Feichtner gründlich vorbereitet.

Aber außer Canossa besuchen wir noch unsere Partnerstadt Ravenna und die Abtei Pomposa und unsere müden Häupter und Gebeine legen wir in Ferrara nieder, Essen gibt's dort dann hoffentlich auch.

Uff die Bähm, die Pälzer kummen!!!

Lilo Schweickert

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