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Gesellschaft
e.V. |
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Privileg
Heinrich V. für die Stadt Speyer von 1111 Heinrich von Gottes Gnaden römischer Kaiser, tun kund allen Christgläubigen der Gegenwart
und Zukunft, wie wir zum Seelgerette unseres lieben Vaters, des Kaisers Heinrich glückseligen Angedenkens, auf Rat und Bitte unserer Fürsten, nämlich Friedrich's, des Erzbischofs von
Köln, Bruno's, des Erzbischofs von Trier
und der Bischöfe Cuno's
von Straßburg, Burkhard's
von Münster,
Hermann's von Augsburg, des Herzogs Friedrich und
der Grafen Gottfried von Calw, Friedrich von Zollern, Hartmann von Tübingen, Beringar von Sulzbach, Gerhard
von Geldern, Heinrich, Dudo, Stephan, Gerung und Walther, an unseres Vaters Begräbnistage gefreiet haben Alle, welche
jetzt in der Stadt Speyer wohnen oder von nun an wohnen wollen, woher immer
sie kommen und wessen Standes sie seien,
sie und ihre Erben von dem schändlichen
und fluchwürdigen
Gesetze, nämlich
jenem Teile, welcher gewöhnlich
Buteil genannt wird, durch welchen die Stadt in übergroße Armut zu Grunde gerichtet wurde. Wir
haben deshalb untersagt, daß niemand, weder vornehm noch gering, weder
Vogt noch ihr natürlicher
Herr, bei ihrem Tode etwas von ihrer fahrenden Habe wegzunehmen sich erlaube,
und im Beisein und mit Einwilligung des Bischofs Bruno von Speyer, welcher auf dem Lettner stand, gestattet und bestätigt, daß Alle freie Gewalt haben sollen, ihre Güter ihren Erben zu überlassen oder sie zum
Seelgerette zu vergaben oder wem immer zu schenken,
jedoch mit dieser beigefügten Bedingniß,
daß
sie Alle an dem Jahrtage unseres Vaters feierlich zur Vigil und Messe zusammenkommen
und Kerzen in den Händen tragen und von jedem Hause ein Brot
den Armen zum Almosen
geben. Damit aber diese unsere Bewilligung und Bestätigung zu allen Zeiten fest und unerschütterlich verbleibe,
und daß
weder Kaiser noch König, noch Bischof,
noch Graf, noch eine sonstige Gewalt, hoch oder nieder, sie zu brechen wage, wollen
wir, daß, zu ewigem Andenken dieses
besonderen Freibriefes, derselbe in Erz gegossen, mit goldenen Buchstaben gefaßt,
in der Mitte unser Bildnis durch die Sorgfalt unserer Bürger über
des Münsters
Tor gesetzt, damit daraus unsere besondere Liebe zu ihnen ersehen werde. Der
gegeben ist zu Speyer am vierzehnten August
nach unseres Herrn Geburt im Jahre ein tausend ein hundert elf. Demnach wir vermittelst göttlicher Gnade und
Beistands diese Stadt wegen des vorzüglichen Denkmals
unserer Ahnherren und wegen der standhaften Treue seiner Bürger gegen uns, vor allen übrigen Stätten zu erhöhen uns vorgenommen
haben, so sind wir entschloßen, deren Rechte aus kaiserlicher Gewalt
nach Rat unserer Fürsten zu befestigen.
Wir befreien daher unsere Bürger von allem Zolle,
welcher bisher in der Stadt pflegte gegeben zu werden; wir erlassen ihnen
den Bannpfennig und Schutzpfennig, so wie auch den Pfeffer, welchen man bisher
von den Schiffen erhob. Wir wollen auch, daß keiner unserer
Bürger gezwungen werde, außer der Stadt seines
Vogtes Gericht zu suchen. Es soll auch kein Amtmann oder eines Herren Bote
im Dienste seines Herrn von den Bäckern oder Metzgern
oder von sonst Jemanden in der Stadt gegen deren Willen irgend ein Stück Hausrat hinwegnehmen.
Kein Amtmann darf Bannwein verkaufen und kein
Schiff eines Bürgers wider dessen
Willen zu Herrendienst gebrauchen. Wir wollen auch, daß
jenen nichts abgefordert werde, welche ihr Eigentum auf eigenen oder
gedungenen Schiffen vorüberfahren. Es soll
auch keine Obrigkeit die Münze leichtern oder
mindern oder auf irgend eine Weise ohne den
gemeinschaftlichen Rat der Bürger verändern. Im ganzen Bistume und in allen Städten und Orten des Reiches soll ihnen kein Zoll abgenötigt werden. Wer einen Hof oder ein Haus Jahr und Tag ohne Einsprache
besessen, der ist keinem, der solches hernach in Erfahrung gebracht hat, darüber Rede und Antwort schuldig. Eine Klagsache, welche in der Stadt erhoben wurde, soll kein Bischof oder
andre Obrigkeit außer der Stadt zur Erörterung ziehen. Text aus „Geschichte der Bischöfe
von Speyer“ von Franz Xaver Remling |