südseiteklein.jpgPredigt zum Privilegienfest 2014

Bischof Reginbald

Krone33.jpgSalier

Gesellschaft e.V.

 

Predigt zur Lichtermesse 2014

am 2. August 2014 in der Krypta des Domes

Augusta Spiras abbatem Vindelicorum sanctae Afrae misit, sumeret ut regimen:

Reginbaldus alta primordia crescere vidit huius delubri – Pax sacra sit cineri!

Diese lateinische Inschrift kann man auf dem Bronzeportal der Afrakapelle unseres Domes entdecken. In wenigen Worten skizziert sie den Lebensweg des Bischofs Reginbald, den ich Ihnen heute vorstellen möchte. Übersetzt besagt die Inschrift sinngemäß:  Augsburg schickte den Abt von St. Afra nach Speyer, damit er das Bistum regiere: Reginbald war es, er sah diesen Dom in seinen Anfängen emporwachsen. – Seine Asche ruhe in heiligem Frieden.

Inspiriert zu diesem Thema hat mich das Jubiläum des Klosters Lorsch, das in diesem Jahr gefeiert wird. Vor 1250 Jahren wurde die Abtei gegründet. Zum ersten Mal ist sie 764 bezeugt. Genau besehen ist es nämlich keineswegs so, wie es der Vers nahelegt: Als sei Reginbald direkt von Augsburg nach Speyer gekommen. Vielmehr hat er einen nicht unbedeutenden Umweg genommen. Einige Jahre war er nämlich Abt des berühmten Reichsklosters Lorsch, das ebenfalls Unesco-Weltkulturerbe ist, seit 1991, also in gebührendem Abstand exakt zehn Jahre nach unserem Dom. Es gibt ja nur noch wenige Reste, die dort erhalten geblieben sind: die Königshalle und ein Teil des Mittelschiffs der Klosterkirche. Immerhin hat es die karolingische Königshalle in diesem Jubiläumsjahr sogar auf eine 60-Cent-Briefmarke geschafft. Und vor genau zwei Wochen wurde im Jubiläumsjahr das Weltkulturerbe-Areal neu eröffnet: ein millionenschweres Großprojekt. Die Anlage ist komplett neugestaltet und vermittelt nun in großer Strenge und Schlichtheit die kontemplative, konzentrierte Aura des einstigen geistlichen Zentrums. Der Besucher finden dort ein Museumszentrum, einen Kloster- und Medizinalgarten sowie einen informativen Rundweg durch die ganze Anlage.

Nun aber zurück zu Reginbald und seinem Lebenslauf. Seine Anfänge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Wir wissen nicht, wann und wo er genau geboren wurde. Möglicherweise stammt er aus dem Geschlecht der Grafen von Dillingen und hat im Kloster St. Gallen studiert. Zum ersten Mal jedenfalls taucht sein Name auf, als er vom Augsburger Bischof Bruno, einem Bruder Kaiser Heinrichs II., berufen wird, Abt des Eigenklosters St. Afra in Augsburg zu werden. Auch hier ist der Zeitpunkt nicht genau überliefert. Zwischen 1006 und 1012 liegt der Beginn seiner Tätigkeit in dieser Reformabtei.  Dann übernimmt der junge und begabte Mönch die Leitung des Klosters Ebersberg im Bistum Freising.

Im Jahr 1022 ihn beruft Kaiser Heinrich II. an die Spitze des bedeutenden  Klosters Lorsch. Damit rückt Reginbald in die führende Schicht des deutschen Klerus auf und nimmt an wichtigen Reichsversammlungen teil. Gleichzeitig – so berichtet die Lorscher Klosterchronik – verschönert er die karolingische Klosterkirche, lässt den Kreuzaltar mit Gold und Silber umkleiden, Kronleuchter mit Lichtkronen anbringen den Chor höherbauen und einwölben. (Wie die Kunsthistoriker feststellen: architektonisch ein Vorgriff auf die spätere Einwölbung der Querschiffe des Speyerer Doms.) Reginbalds Bautätigkeit beschränkt sich nicht auf das Kloster Lorsch. Tatkräftig setzt er sich für die Gründung des Klosters St. Michael auf dem Heiligenberg bei Heidelberg ein. Noch heute sind dort die Grundmauern der stattlichen Kirche zu bewundern, die auf die Zeit Reginbalds zurückgeht.

Aber was wäre der äußere Bau der Kirche ohne ihren geistlichen Aufbau?  Offensichtlich trägt Reginbald auch dazu Entscheidendes bei. Inspiriert von der Gorzer Klosterreform bemüht er sich im Sinn des heiligen Benedikt um ein glaubwürdiges und authentisches Gemeinschafts-leben. Jede Klostergemeinschaft will ja das Vorbild der Urgemeinde nachahmen, wie sie in der Apostelgeschichte idealtypisch beschrieben wird: „Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und den Gebeten“ (Apg 2,42). Die Gütergemeinschaft der Urkirche soll im Armutsideal der Mönche zum Tragen kommen. Gastfreundschaft spielt im benediktinischen Selbstverständnis eine große Rolle. In jedem Gast soll man Christus sehen,  gerade auch in den Armen, die an der Klosterpforte anklopfen. Offensichtlich hat Reginbald sich nicht nur mit den Mächtigen und Einflussreichen abgegeben. Bezeichnenderweise nennt ihn der Nekrolog des Klosters „pater pauperum“  – Vater der Armen. Gerade auch für sie hat er ein Herz. Sich der Benachteiligten anzunehmen, ist ja auch ein originäres Anliegen unserer Lichtermesse und wird auch heute wieder in die Tat umgesetzt.

Die Benediktsregel hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Auch heutzutage wird sie immer wieder in Managerkursen und Führungsseminaren zitiert. Vom Amt der Leitung heißt es da: „Der Abt mache alles Gute und Heilige mehr durch sein Leben als durch sein Reden sichtbar. Er muss wissen, welch schwierige und mühevolle Aufgabe er auf sich nimmt: Menschen zu führen und der Eigenart vieler zu dienen. Muss er doch dem einen mit gewinnenden, dem anderen mit tadelnden, dem dritten mit überzeugenden Worten begegnen. Auf alle soll er sich einstellen und auf sie eingehen.“ (Regula Benedicti Kapitel  2) Weise Ratschläge,  die auch heute jedem gut anstehen, der leiten und führen will! Reginbald hat sie offensichtlich beherzigt und so die Menschen für seine Botschaft gewinnen können.

Offensichtlich genießt er so viel Anerkennung, dass ihn Kaiser Konrad II. 1032 zum Bischof von Speyer beruft. Als Reformabt und Baumeister besitzt er das Vertrauen des Herrschers. Und er wird ihn nicht enttäuschen. Reginbald erlebt die Anfänge des Dombaus wie es ja die Inschrift auf unserem Portal andeutet. „Er sah den Dom in seinen Anfängen emporwachsen.“ Ebenso begleitet der den Bau der Klosterkirche Limburg. Im Jahr 1035 trifft er Konrad II. bei der Weihe der dortigen Kryptaaltäre, ebenso 1038 bei der Synode im Kloster Limburg, als dort um den Anfang der Adventszeit gestritten wird. Nur sieben Jahre waren Reginbald als Bischof vergönnt. Im Juli 1039 erlebt der noch die Bestattung des Kaisers inmitten der Baustelle. Wenige Monate nach Konrad stirbt er am 13. Oktober 1039 und wird ebenfalls hier bestattet.

Der Historiker J. E. Gugumus charakterisiert Reginbald als baufreudig und kunstsinnig, als freigebig und fromm,  als einen geistlichen Reichsfürsten, der mit der Treue zu Kaiser und Reich selbstverständlich die Liebe zur Kirche verband. Sein Andenken wurde lange nach seinem Tod in Ehren gehalten. Die Überlieferung berichtet sogar von Krankenheilungen an seinem Grab. Sein Andenken ist in Bayern genauso lebendig geblieben wie in Lorsch und Speyer. In Augsburg etwa betrachtete man seinen Abtstab als Reliquie und schmückte sein Bild mit einem Heiligenschein. Auch wenn es keinen eindeutigen Hinweis gibt die kunstvolle Grabplatte – heute neben der Taufkapelle aufgerichtet – wird seinem Grab zugeschrieben.  Der reiche Kreuzesschmuck verweist auf die Auferstehung und den Lebensbaum des Paradieses – Zeichen der Hoffnung weit über den Tod hinaus.

Ganz sicher geht auf Reginbald die Stiftung eines großen Radleuchters zurück. Leider ist er im Lauf der Geschichte wie viele Einrichtungsgegenstände des Domes verschollen  Wir dürfen ihn uns ähnlich prachtvoll vorstellen wie die berühmten Radleuchter in Hildesheimer Dom, der ja am Hochfest Maria Himmelfahrt in zwei Wochen nach mehrjähriger umfassender Renovierung wieder geöffnet wird. Die beiden Leuchter dort– der  Hezilo- und er Azelinleuchter –stammen ebenfalls aus der Salierzeit. Sie symbolisieren das himmlische Jerusalem, von dem wir in der Lesung gehört haben (Offb 21). Ähnlich dürfte auch der Reginbaldleuchter ausgesehen haben. Der erhaltene Widmungstext liefert uns die Beschreibung: Die gesamte himmlische Hierachie wird da aufgeboten: Seraphim und Cherubim, die vornehmsten Engel werden zuerst genannt, dann die jubilierenden Engelchöre, schließlich fünf Propheten und die zwölf Apostel. Der zweite Teil ist ein Gebet an die Jungfrau Maria, die Patronin des Domes, der Reginbald diesen Leuchter weiht.

Für uns Christen ist diese Vision des himmlischen Jerusalem keine mythische Vorstellung. Ganz im Gegenteil: Sie ist Realität. Jedes Mal wenn wir in der Messe das Sanctus, das Dreimal-Heilig singen, stimmen wir ja ein in diese himmlische Liturgie, treten wir hinzu und nehmen teil, singen wir mit den Engeln und Erzengeln, den Kerubim und Seraphim den Lobgesang der göttlichen Herrlichkeit, werden wir eingetaucht in die Sphäre Gottes, wird sozusagen unsere enge Zeit aufgehoben in der weiten Ewigkeit.  Die orthodoxe Kirche hat diese mystische Dimension der Liturgie besser bewahrt als der Westen. Aber auch wir dürfen sie nicht verlieren. Darum will mir mit Ihnen abschließend die Worte des Reginbald zu eigen machen – als unser Gebet heute. Dass wir die Herausforderungen unserer Zeit im christlichen Glauben und Vertrauen bewältigen. Wir sind uns ja wie Reginbald unserer Schwächen und unserer Grenzen bewusst und hoffen zugleich, dass die Herrlichkeit Gottes, die uns Jesus im Evangelium verheißen ist, alles übersteigt, was wir ersehnen (Joh 17).

Beten wir nun abschließend im Wechsel den Hymnus, den Sie auf Ihrem Liedblatt abgedruckt finden:

Sieh! In der Mitte der Seraphim höchster Chor!

Gebührend erhaben hat er hoch den Vorrang im Himmel.

Cherubim heißt der sehr herrliche zweite Chor.

Nach der Engel Art verharrt er in lautem Jubel.

Auch das Heer der Engel, verehrt von der Heiligen Schar,

Lobt den Herrn, im Anblick seiner Gottheit.

Es folgen fünf heilige Propheten.

Die große Hoffnung des Heils haben sie uns verkündet.

Sodann erblicke in seinem Raum den frommen Senat der Apostel.

Und den Herrn, mit dem sie so oft im Gastmahl zusammen waren.

Hier scheidet der Rat der Zwölf in wägendem Richtspruch

Die Gerechten von den Bösen, die brennen werden im Feuer.

Jungfrau, Gebärerin Gottes, der Welt Ruhm, Leben und Hoffnung,

Edle Knospe der Reinheit, aus Königsgeschlecht entsprossen!

Aller Könige König gebarst du zur Fülle der Zeiten,

Trugst das ewige Wort in deinem jungfräulichen Schoße!

Dir weihe ich dieses Werk, Reginbald, armer Bischof,

für die elende Last meiner Sünden.

Nein, nicht so viel bringe ich dir dar, als ich dir schuldig bin.

So klein die Gabe, sieh doch auf mich in der Kammer deines Herzens!

Es wäre viel mehr, was mein Wollen dir zum Geschenk bereiten möchte!

So sei nun Gott Vater und Sohn und Heiliger Geist mir gnädig!

Er gebe mir Einsicht und beständigen guten Willen.

Josef D. Szuba

 

 

Quellen:

Remling Franz Xaver, Geschichte der Bischöfe zu Speyer. Pirmasens 1975 (Nachdruck)

Weindel Philipp, Der Dom zu Speyer. Speyer 1977

Gugumus Johannes Emil, Reginbald – Abt von St. Afra und Ebersberg, Bischof von Speyer 1033 bis 1039; in: Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764. Friedrich Knöpp (Hrsg), Darmstadt 1973

Die Regel des heiligen Benedikt. Beuron 1990

www.kloster-lorsch.de

 

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